Die richtige Höhe des Genicks ist Resultat der Ausbildung
Leserbrief in der Pferdewoche vom 10. März 2010 von Marianne Fankhauser-Gossweiler. Mit freundlicher Genehmigung der Autorin.

(Der Leserbrief war die Reaktion auf einen Artikel in der Pferdewoche vom 3.März "Kontrovers trotz wenig Ansturm".)

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Es wird heute zuviel über die "Höhe des Genicks" geredet und geschrieben. Diese "Höhe" sollte das Resultat einer korrekten, konsequenten, pferdegerechten Ausbildung sein. Diese Ausbildung soll der Weg sein und das Genick auf der "richtigen Höhe" ist dann automatisch das Ziel oder die Folge dieses Weges.
Henri Chammartin auf Woermann
Die Pferde in dem angesprochenen Olympiafilm im oben erwähnten Artikel gingen früher nicht mit "hohem Genick", weil die Richter dafür ausschlaggebend waren. Sondern, weil der Aufbau der Ausbildung bis hin zum Grand Prix stimmte und weil die Pferde damals grösstenteils nach den allgemein gültigen Richtlinien, welche Richter, Ausbildner und Reiter beachteten, gearbeitet und vorbereitet wurden.

Das Hauptkriterium war dabei eine, als Folge der richtigen Ausbildung, aktive, unter den Schwerpunkt tretende Nachhand.
Marianne Fankhauser-Gossweiler auf Stephan
Dadurch werden die Hanken des Pferdes gesenkt (darauf kommt es nämlich an), die Vorhand wird dadurch "leicht" und als Folge davon wird das Genick auf der "richtigen Höhe" getragen. Nicht das Genick ist wichtig, sondern die Hanken des Pferdes. Dort muss gearbeitet werden und nicht am Genick. Die Richter, die Ausbilder u n d die Reiter haben die damalige Zeit geprägt, weil sie grösstenteils nach diesen, damals selbstverständlichen, Kriterien richteten und ausbildeten. Am richtigen Ort angefangen, dem Weg folgend, auch durch Schwierigkeiten sich nicht beirren lassen.

Dann müsste über Hälse und Höhe der Genicke weder gesprochen noch geschrieben werden. So muss, oder müsste, entgegen einem gängigen Sprichwort, das Pferd am "Schweif aufgezäumt" (sprich von hinten nach vorne gearbeitet) werden, damit dann, als Resultat, der "Zaum am Kopf " (sprich das Genick) richtig sitzt.

Über die korrekte Ausbildung erreicht man beim Pferd auch automatisch die Losgelassenheit, sowie auch die Gelassenheit.
Marianne Fankhauser-Gossweiler auf Stephan
Ebenso muss auch kein Mittelmass für die "Höhe des Genicks" gefunden werden, sondern richtiges Reiten und Ausbilden ist hier das Mass aller Dinge.

Ausserdem ist auch das Exterieur des Pferdes massgebend. Das Genick passt nicht in eine Schablone. Man muss immer das ganze Pferd beachten und dieses, weder beim Reiten noch beim Richten, in Einzelteile "zerlegen".
Über die Autorin
Marianne Gossweiler gewann zwei Olympia-Medaillen und war die erste Frau, die für die Schweiz während einer Sommerolympiade startete. 1964 errang sie zusammen mit Chammartin und Fischer in Tokio die Silber-Medaille in der Mannschaftsdressur (Sieger Deutschland) und 1968 in Mexiko die Bronzemedaille ebenfalls zusammen mit Chammartin und Fischer (Sieger Deutschland vor der UdSSR). Marianne Gossweiler ritt 1964 und 1968 den Lippizaner Schimmel Stephan, der bis zu seinem 29. Jahr das Gnadenbrot auf einer Wiese im Bernbiet erhielt.